Verabschiedung Generalleutnant Dr. Olshausen

Redemanuskript Verteidigungsminister Dr. Jung

Bonn, 27.04.2006.
Rede des Bundesministers der Verteidigung, Dr. Franz Josef Jung während des Empfangs anlässlich der Verabschiedung von Generalleutnant Dr. Olshausen am 27. April 2006 in Bonn

Es gilt das gesprochene Wort!

Ich begrüße Sie alle sehr herzlich im Gästekasino des Verteidigungsministeriums. Wir verabschieden heute einen General, der 42 Jahre der Bundesrepublik Deutschland treu gedient hat.

Seine Karriere begann im wahrsten Sinne des Wortes bodenständig in der Pioniertruppe und führte nach Studium und Generalstabsausbildung zu anspruchsvollen Verwendungen als Truppenführer und als Stabsabteilungsleiter im Ministerium. Schließlich fand sie ihren krönenden Abschluss als unser Mann in Brüssel. Herr General Dr. Olshausen!

Vor fünf Jahren und sechs Monaten wurden Sie der Deutsche Militärische Vertreter bei NATO, EU und WEU, eine Verwendung, die weithin als DMV bekannt ist. Ihre Aufgabe war gekennzeichnet durch eine doppelte Ambiguität.

Zum einen hatten Sie als DMV einen Doppelhut auf, der sicherlich nicht immer leicht zu tragen war. Denn die in vielen offiziellen Verlautbarungen geforderte Komplementarität von NATO und EU wurde in der Praxis nicht selten erschwert durch die unterschiedlichen Interessen dieser beiden Institutionen. Zum anderen arbeiteten Sie im Grenzbereich zwischen Militär und Politik. Als General waren Sie an die Weisungen aus dem BMVg gebunden, die Sie loyal umsetzten. Gleichzeitig arbeiteten Sie in einem politischen Umfeld, das viel Gestaltungsfreiheit bot, aber immer auch einen Blick auf das politisch Machbare erforderte. Sie, lieber Herr General Dr. Olshausen, waren für diese Aufgabe der richtige Mann: Verhandlungssicherer Diplomat, scharfer Analytiker und überzeugter Soldat in einem. Augenmaß und Leidenschaft haben Sie dabei gleichermaßen ausgezeichnet. Sie waren immer Atlantiker und Europäer zugleich. NATO und EU enger aneinander zu binden, das war Ihnen eine Herzensangelegenheit. Mit Engagement, Kreativität und Überzeugungskraft haben Sie viel erreicht, auf dem wir aufbauen können. Sie wollten immer die Absichten hinter den politischen Vorgängen verstehen und selbständig Entwicklungen beeinflussen. Mit großer intellektueller Klarheit und bewunderswerter Kreativität waren Sie Katalysator für den Weg nach vorn. Sie waren aber auch immer Realist genug, um zu erkennen, wo nationale Positionen unserer Alliierten unüberwindbar waren. Ihr Handeln beruhte auf einer großen Leidenschaft für die politische Sache. Sie haben unendlich viel Kraft und außergewöhnlich hohes Engagement in Ihre Arbeit investiert. Dabei überzeugten Sie immer wieder durch fachliche Brillianz. Unterschiedlichste Themen standen bei NATO und EU auf der Agenda. Der Aufbau der NATO Response Force und der EU Battle Groups, neue Kommandostrukturen oder Erweiterung und Transformation – alle Diskussionen haben Sie mit Ihren substanziellen Beiträgen eindrucksvoll vorangebracht. Nie waren Sie um einen konstruktiven Vorschlag verlegen. Ihre Aufgabe in Brüssel war der Schlusspunkt einer ausgesprochen vielseitigen militärischen Laufbahn. Zunächst begann alles noch in den üblichen Bahnen. Sie absolvierten 1964 die Offizierausbildung bei der Pioniertruppe und wurden im Oktober 1966 Pionieroffizier für Tiefbau im schweren Pionierlehrbatallion 210 in München. Dann gehörten Sie zu den Offizieren, die für ein Geschichtsstudium ausgewählt wurden. Damals hatte die Bundeswehr noch keine eigenen Universitäten.

Offiziere, die später im Militärgeschichtlichen Forschungsamt oder als Militärgeschichtslehrer an den Truppenschulen arbeiten sollten, wurden für das Studium nach Freiburg versetzt und studierten an der dortigen Universität Geschichte. 1972 wurden sie bei Andreas Hillgruber mit einer Arbeit zur "Deutschen Politik gegenüber Jugoslawien und Griechenland von März bis Juli 1941" promoviert, die ein Jahr später auch als Buch mit dem Titel "Zwischenspiel auf dem Balkan" erschien. Wie ich mir sagen ließ, gilt dieses Buch noch heute als lesenswertes Standardwerk. Sie waren anschließend von 1973 bis 1976 Chef einer Pionierkompanie beim Pionierbattaillon 6 in Plön. Auch diese Aufgabe haben Sie bestens gemeistert, denn danach wurden Sie für die Teilnahme an der Generalstabsausbildung ausgewählt. Für Ihre Leistungen an der Führungsakademie in Hamburg wurden Sie 1978 mit dem Heusinger-Preis ausgezeichnet. Es folgten dann Verwendungen, um die Sie viele Generalstabsoffiziere gewiß beneidet haben: Zunächst als G2 der 12. Panzerdivision in Veitshöchheim, dann als Lehrgangsteilnahmer am Command and General Staff Course in Fort Leavenworth in Kansas, USA, schließlich als Referent im Bundeskanzleramt, wo Sie die spannende Zeit des Regierungswechsels 1982 miterlebten. Nach Ihrer Kommandeurzeit beim Pionierbataillon 2 in Hannoversch-Münden von Oktober 1983 bis September 1985 folgten Verwendungen im Planungsstab und als Heeresattaché in Washington. Einen Tag nach der Wiedervereinigung übernahmen Sie die Panzergrenadierbrigade 31 in Oldenburg.

Zweieinhalb Jahre später wurden Sie, lieber General Dr. Olshausen Stabsabteilungsleiter Fü S VI in Bonn, verantwortlich für Bundeswehrplanung, und anschließend Chef des Stabes und Stellvertretender Kommandeur des neu aufgestellten Heeresunterstützungskommandos. Daran schlossen sich zwei Verwendungen als Stellvertretender Kommandierender General an. Zunächst, von Februar 1996 bis September 1998 beim Eurokorps in Straßburg, und dann bis September 2000 beim ehemaligen IV. Korps in Potsdam. Während dieser Zeit hatten Sie Ihr "persönliches Zwischenspiel auf dem Balkan".

Zunächst waren Sie ab dem 12. Juni 1999 für gut drei Monate als Deputy Commander bei KFOR eingesetzt. Daran schloss sich eine ebenfalls dreimonate Aufgabe als Chief Joint Implementation Commission im Hauptquartier KFOR an.

Lieber Herr General Dr. Olshausen!

Sie haben 42 Jahre Ihres Lebens treu gedient und dabei die Bundeswehr in herausragenden Funktionen mitgestaltet. Stets haben Sie sich mit großem Engagement in den Dienst für die Bundeswehr und ihre Menschen gestellt. Die Menschen haben sehr gern mit Ihnen zusammen gearbeitet. Denn trotz Ihres prall gefüllten Terminkalenders nahmen Sie sich immer Zeit für ein freundliches Wort.

Selbst nach langen Reise, von denen Sie mit einem Jetlag zurückkehrten, begeisterten Sie Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter durch Ausgeglichenheit und Freude an der Arbeit. In der Bundeswehr wie auch im internationalen Bereich waren Sie als "Intellektueller in Uniform" ein allseits gesuchter Gesprächspartner. Die Anwesenheit der vielen Gäste und Weggefährten aus dem In- und Ausland am heutigen Tage unterstreicht die hohe Wertschätzung Ihrer Person auf eindrucksvolle Weise. Für Ihr Engagement für die Bundeswehr danke ich Ihnen im Namen der Bundesrepublik Deutschland und spreche Ihnen dafür meine aufrichtige Anerkennung aus. Herr General Dr. Olshausen!

Jemand, der in so vielen unterschiedlichen Verwendungen Erfolg hatte, musste sicherlich eine Vielzahl von Brücken bauen. Bei all Ihren Konstruktionen konnten Sie sich immer auf ein tragfähiges Fundament verlassen: Ihre Frau.

Sehr verehrte Frau Olshausen! Sie haben Ihren Mann in seinen vielfältigen Verwendungen begleitet und aktiv unterstützt. Mir wurde berichtet, dass Sie viel für die deutsche Gemeinschaft in Brüssel getan und engen Kontakt zu den internationalen Freunden gepflegt haben. Alle werden Ihre Herzlichkeit vermissen! Ihr Engagement bei der Vorbereitung des jährlichen internationalen Weihnachtsbasars bleibt unvergessen. Ich möchte daher die Gelegenheit nutzen, Ihnen für diese Unterstützung ganz herzlich zu danken. Liebes Ehepaar Olshausen! Sie haben Meckenheim zu Ihrer Heimat ausgewählt und sind bereits in Ihr frisch renoviertes Haus eingezogen. Dort wollen Sie Ihren Ruhestand im wahrsten Sinne des Wortes ruhig angehen und Pläne für zukünftige Vorhaben langsam reifen lassen. Für die Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute, vor allem Gesundheit und Gottes Segen.

Sie, Herr General, werden sich künftig intensiv um Ihre Waffengattung kümmern. Seit dem 16. September 2005 sind Sie Präsident des Bundes Deutscher Pioniere e.V. Dafür wünsche ich Ihnen eine glückliche Hand. Und ich setze darauf, dass Sie der sicherheitspolitischen Gemeinschaft nicht ganz verloren gehen. Vielen Dank!

Quelle: www.bmvg.de


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